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"Sie sägten die Äste ab, auf denen sie saßen und schrien sich zu ihre Erfahrungen, wie man schneller sägen könnte, und fuhren mit Krachen in die Tiefe, und die ihnen zusahen, schüttelten die Köpfe und sägten weiter." (Bertold Brecht )

Hier finden Sie Wissenswertes zur Geschichte von Lichtenwalde zum download:



Der Schlossberghang von Lichtenwalde

Nicht nur Naturfreunde von heute, auch Besucher aus längst vergangenen Zeiten kamen aus dem Schwärmen über die Schönheit der Landschaft des Zschopautales bei Lichtenwalde nicht heraus.

Bild 1: Schlossberghang (links), ehem. Mühle (mittig) und Butterberg (rechts) in einer Gesamtansicht von 2018

Heimatforscher und Reisender Friedrich Balduin schreibt beispielsweise 1829:

„Namentlich erhält die Gegend von Lichtenwalda einen Zauber, durch den sich jedes fühlende Herz angezogen fühlt . … Stromaufwärts am linken Ufer sehen wir Lichtenwalda, dessen herrliche Lage, verschönert durch den Wettstreit der Kunst mit der Natur, ohne Zweifel zu den schönsten Gegenden Deutschlands gehört.“ Oder in „Neue Reisebemerkungen in und über Deutschland“ 1786 liest man: „Lichtenwalde hat nach meinem Geschmack die schönste Gegend, die mir je vorgekommen ist. In einem Thal an der Zschopau, da man mit jedem Blick ein neues Gemälde sieht.“ Man könnte noch unzählige weitere Beispiele aus der Literatur anfügen, in denen die Vorzüge der Lage im Zschopautal gepriesen werden.

 

Genauer auf botanische Besonderheiten gehen sie aber alle nicht ein. Dazu findet man etwas beim Lausitzer Wissenschafter Adolf Traugott von Gersdorff. Er war zwei mal in Lichtenwalde. Bei seinem ersten Aufenthalt 1765 wurde er von dem Leipziger Lehrer und Botaniker M. Rudolph begleitet und eine Bestandsaufnahme wild wachsener Pflanzen am Hang vorgenommen:





 Historische Darstellungen; Bild 1: Sauerklee, Bild 2 Herzgespann, Bild 3: Lungenkraut

„Am Berg, auf welchem das Schloß und der Garten liegt, wurden einige Pflanzen aufgesucht; Moße waren hier in großen Mengen zu sehen. Unter den blühenden Pflanzen waren Oxalis acetosella (Sauerklee), Anemone nemorosa (Buschwindröschen) und Pulmonaria (Lungenkraut). Kirschbäume sah man bereits in ihrer Blüthe. Bei anderen 0bstbäumen waren die Blüthen dem Aufbrechen nahe…. An dem Felsen unter dem Garten wuchs noch außer den oben geführten Pflanzen in Menge: Leonorus (Herzgespann), Sambucus (oder Hirschholunder), Valerianelle (Feldsalat, Rapunzel), Erysimum alliaria (Knoblauchrauke), Turritis (Turmkraut), Orchis (Knabenkraut), Senecio vulgaris (Kreis- o. Kreuzkraut), Veronica garnedrifolia (Ehrenpreis).Der ganze Hang war mit blühenden Erdbeeren bedeckt. Im Frühjahr und Sommer kommen die Leute aus dem Gebirge häufig herunter, um die hier wachsenden heilsamen Kräuter zu sammeln".

Historische Darstellungen;  Kreuzkraut

Turmkraut

Knoblauchrauke

Ehrenpreis

Viele Pflanzen davon kann man glücklicherweise auch heute noch entdecken. Wobei, Walderdbeeren findet man nur sporadisch und das Knabenkraut scheint ganz verschwunden. Auf die botanische Vielfalt wird in vielen weiteren (im Text noch folgenden) Berichten eingegangen,. Dazu später mehr.

Buschwindröschen, Scharbockskraut und Lerchensporn

Walderdbeeren

Nach seinem zweiten Besuch 1784 schreibt Adolf Traugott von Gersdorff u.a. Folgendes in sein Tagebuch: „ Die nahen vom Garthen an rechts, an der W Seite des Flusses sich hinaufziehenden steilen Berglehnen sind mit schönen gewachsenen und lebendigen Gebüschen bedeckt, worinnen der itzige Besitzer, der 19 jährige Besitzer Graf von Vitzthum nach erlangter Majorennität englische Parthien will anlegen lassen“ , was Ende des 18. Jh. der junge Majoratsherr Friedrich II. Vitzthum von Eckstädt auf der Lichtenwalder Seite des Zschopauufers und der angrenzenden Hänge in Ergänzung des Barocken Gartens auch wirklich umgesetzt hat.

 

Landschaftspark in Lichtenwalde bedeutete, dass die vorhandenen Natur durch einzelne Objekte (Waldkapelle, Einsiedlerhütte, Harrasdenkmal usw.) aufgewertet und mit in die Landschaft geschnittene Sichtachsen besondere Ausblicke geschaffen wurden. Der Aufstieg von der Mühle zum Schloss bildete eine der beiden Verbindungen zwischen den neu gestalteten Landschaftspartien an der Zschopau und dem Barockgarten am Schloss Lichtenwalde, welcher bereits Ende des 18. Jh. Besuchern zur Besichtigung zur Verfügung stand. Man ermöglichte so, Spaziergängern Umgebung und Park bequem genießen und Überraschungen entdecken zu können.Und davon wurde in Lichtenwalde auch reichlich Gebrauch gemacht.

Aber auch so mancher Vertreter der Malerei hat hier Station gemacht und der Landschaft gehuldigt.

 


Lithographische Ansichtskarte vor 1900

 Torbogen am Aufstieg von der Mühle zum Schloss


Die Anlage eines Landschaftsparks waren auch das Ergebnis der Wiederentdeckung der Natur und des Wanderns durch eine neuen Bewegung junger Menschen. In Lichtenwalde haben Generationen der Familie Vitzthum von Eckstädt die gestaltete Landschaft weiter gepflegt und teilweise auch Neues geschaffen. Welche Laubbäume am Schlossberghang (Forstabteilung 49) standen, kann man bekannten Holzauktionen der Gräflich Vitzthumschen Forstverwaltung zwischen 1840 und 1900 entnehmen. Es werden genannt Rüster (Ulme), Eichen, Ahorn, Birken, Erlen, Linden, Eschen, Hornbaum (Weißbuchen), Kirsche. Geschlagen wurde das Holz immer im Winter und dann Januar bzw. Februar vor Ort bei der Schlossmühle versteigert.

Anzeige aus dem Frankenberger Tageblatt und Bezirksanzeiger vom 9. Februar 1895

Schlossberghang im Ausschnitt einer 1912 aufgenommenen Topographische Karte


Der Schlossberghang stellt aber nicht nur wegen seines vielfältigen Laubbaumbestandes eine Besonderheit dar, sondern auch wegen der üppigen Bodenflora. Außer der von Gersdorff gibt es viele weitere Beschreibungen der Pflanzenwelt aus drei Jahrhunderten, die sich in vielem ähneln.

 

1889 begibt sich der Chemnitzer Oberlehrer Zimmermann auf einen „Botanischen Frühlingsspaziergang von Chemnitz nach Lichtenwalde“11. Zwei seiner Pfanzenportäts sollen hier stellvertretend erwähnt werden: „ … Verlassen wir den Park und steigen wir hinter dem Schlosse nach der Mühle herunter, so fallen uns in Trupps beisammen stehende große, saftige, spießförmige Blätter auf, aus den in der Mitte eine abenteuerliche Blüte hervorragt. Sie gehören dem Aaronsstab an, einer Pflanze, die uns im Geiste in die üppige Dichte der Tropenwälder versetzt, … Neben unseren deutschen Pflanzenformen erscheint der Aaronsstab immer als etwas vorzeitliches, fremdartiges: ein langer keulenförmiger, dunkelvioletter Kolben, der an seinem Grunde die Staubgefäße und Pistille trägt, wird von einer großen, bauchigen, oben spitz auslaufenden Tute, ähnlich wie ein finsteres Mönchsgesicht von der Kapuze, umhüllt. Die Blätter und Blüten erheben sich aus einer im Boden hinkriechenden fleischigen Wurzel, welche ebenso reich an nützlichem Stärkemehl wie an einem flüchtigen Giftstoff ist. Mancher Arme weiß aber recht wohl, daß einfaches Rösten den giftigen Stoff aus der mehlreichen Wurzel vertreibt und sie in eine gesunde Speise umwandelt.

 

 Historische Darstellungen von Aronstab und Schuppenwurz, Fotos von Aronstab und Schuppenwurz am Schlossberghang

… An ähnlichen Stellen tritt uns auch die blasse steifgliedrige Schuppenwurz entgegen, trotzdem sie schon stark im Verblühen begriffen ist. Sie liebt das Halbdunkel feuchter Waldstellen, wurzelt aber nicht in den Boden selbst, sondern saugt an fremden Leben. Dabei ist sie bleich und matt gefärbt: oft weißlich, oft ein wenig gerötet, aber nie von dem Rot, das Kraft und Gesundheit verrät. Ihr Wurzelstock ist fleischig, kriechend, mit dicken Schuppen besetzt und vielfach verästelt. Er bildet den Saugapparat, mit dem sich die Pflanze in das fremde Leben einbohrt, er ihr die Mittel schafft, mit dem so geraubten Gute an Lebenskraft sich über die Erde zu erheben, den Leib mit fleischigen Schuppen zu bekleiden und endlich an einer endständigen Ähre eine Reihe von Blüten, alle nach einer Seite gewendet, hervorzusprossen. ... Sie blüht und sieht doch nicht aus wie eine Blume; und wenn sie so bleich und aufrecht steht und ringsum sie her all das andere lustige Frühlingsvolk aus der Erde drängt und grünt und blüht, dann scheint sie vor Ärger dunkel
zu werden und vor Neid schier zu vergehen.Vorher hat sie freilich noch in zierlichen Kapselfrüchten feine, staubartige Samen gezeigt. Doch nicht bloß den bescheidenen Haselstrauch, sondern mächtige, hochaufragende Bäume erkiest sich die Schuppenwurz zu ihrem Sitze.“11 Weiter kommen in seiner
Beschreibung zum Schlossberghang die Purpurnessel, Taubnessel und Haselwurz vor.

 

Historische Darstellungen von links nach rechts; Rote und weiße Taubnessel, Hasel, Haselwurz

Heimatforscher und Lehrer Max Kästner geht 1906 in seinem „Frankenberger Wanderbuch“ näher auf die Bäume und Vogelwelt am Schlossberghang und im Park ein: „Aufstieg nach dem Schloss Lichtenwalde … Schon beim Aufstieg empfängt uns im Frühjahr vielstimmiges Vogelkonzert. Zur Rechten nehmen die dunkelgrün glänzenden Pfeilblätter des Aaronstabs eine ansehnliche Fläche des Waldbodens ein. … Über uns schließen sich die Kronen alter Buchen, Eichen, Ahorne, Linden, Rüstern (Ulmen) zu einem luftigen Dach zusammen … Oben im Gezweig musizieren Singdrossel, Amsel, Grün- und Buchfink, Rotkehlchen, Laubsänger, Stare, Meisen, Kleiber, Spechte, Ringeltauben, Dohlen usw., dass es nur so eine Art hat.“

 

Eine weitere ausführliche Beschreibung zu Pflanzen am Schlossberghang findet man von Wolfram Agsten in der Heimatschrift „Lichtenwalde in Vergangenheit und Gegenwart“: „Der Weg teilt sich jetzt. Links steigt er zum Südwesteingang bzw. zu den „Lusthäusern" an. Wir wählen den rechten, der im Tal weiter zur Mühle Lichtenwalde führt. … Das nun folgende Wegstück zeigt uns ganz deutlich, wie vielgestaltig doch die Natur ist. Kaleidoskopartig wechselt das Bild, das sich uns bietet. Jede Woche müßte ich dich den gleichen Pfad lenken, und jedesmal würdest du staunen über den Farben- und Formenreichtum in der Natur. Das dichte Buschwerk aus Faulbaum- und Traubenholundersträuchern vermag das Wachsen nicht aufzuhalten. Sind es im April die leuchtend weißen Blütensterne des Buschwindröschens, so grüßen uns bald der Sauerklee, die weiße und rote Nachtnelke u. a. In der Nähe des Wehres steht ein Gebüsch, dessen Zweige manchmal kirschrote, glänzende, längliche Früchte tragen. Es ist die Kornelkirsche, deren gelbe Blüten im März und April noch vor dem Austreiben der Blätter erscheinen. Im Laub darunter bemerken wir eine auch im Winter grüne Pflanze. Sogar der Name sagt, daß sich ihre Blätter nicht verfärben. Es ist das kleine Immergrün. Seine Stengel kriechen am Boden entlang, und nur selten ist es uns vergönnt, einmal eine der hellblauen Blumenkronen zu sehen, neigt doch „Vinca minor" im Freien kaum zur Bildung von Blüten. Viel deutlicher erheben sich aus dem Grase die gefleckte, gelbe und weiße Taubnessel, und dem aufmerksamen Beobachter entgeht es nicht, wie fleißig die Hummeln den Nektar aus den zierlich geschwungenen Lippenblüten herausholen. …

 

Von links nach rechts; Rote Licht- oder Nachtnelke,  Kleines Immergrün,  Goldnessel

 

Tritt aber der Herbst ins Land, wird es still am Zschopauufer. Das Blühen hat ein Ende. Nur hier und da lugt noch ein Blütenkorb des Habichtskrautes oder des Gänseblümchens hervor. … Laß uns jetzt weiter Wandern! Wir erreichen die Mühle. … Wir wollen von der Mühle aus sofort einen der Wege zum Park hinaufsteigen. Gleich müssen wir nochmals verweilen. Der gesamte Hang ist mit einem Teppich feingegliederter Blätter bewachsen, aus deren Mitte sich Hunderte von Stengeln erheben, die mit weißlichgelben und vor allem blauvioletten Blütentrauben geziert sind. Es ist der hohle Lerchensporn, der von März bis Mai dort auffällt. Dazwischen finden wir die sich deutlich abhebenden, dunkelgrünen, glänzenden, pfeilförmigen Blätter des Aronstabes. Im Frühjahr können wir sogar die seltsamen Blüten, sogenannte Kesselfallenblumen, betrachten. So schön dieses Kind Floras ist, so selten ist es auch. Es sollte deshalb ebenfalls unter Naturschutz gestellt werden. ... Laß uns die Stufen hinaufsteigen und zum Schlosse gehen!“

 

Graphische Darstellungen von links nach rechts; Spitzahorn, Eiche, Rotbuche,  Linde

Graphische Darstellungen von links nach rechts; Ulme,  Hainbuche,  Esche, Bergahorn

Auch in „Werte unserer Heimat - das mittlere Zschopautal“ gibt es 1977 eine ausführliche Beschreibung der Flora am Schlossberghang: „Zusammen mit dem Schloßpark nimmt die ganze Gegend um Lichtenwalde nicht nur landschaftlich, sondern auch floristisch eine Sonderstellung ein. Hier findet sich Vielzahl anspruchsvoller Laubwaldpflanzen. Besonders in den Schluchten und an Schattenhängen sind für montane Arten günstige kleinklimatische Verhältnisse vorhanden. … Von der Schloßmühle aus oder durch die Parkschlucht kann man beim Aufstieg zum Schloßpark auf Grund der vorhandenen Wegeverhältnisse bequemer die fast geschlossene Decke der üppige Pflanzenwelt studieren und ihre Schönheit und Mannigfaltigkeit auf sich wirken lassen. … So angenehm es ist, wenn man in sommerlicher Wärme auf dem schräg durch diesen Hang gelegten Fußweg den Schatten genießen kann, den hier vorwiegend Berg- und Spitzahorn, Winter- und Sommerlinde, Bergulme, Hainbuche und einige Rotbuchen (in der Parkschlucht) spenden, so sollte man doch nicht versäumen, dieses Waldstück schon einmal vor Laubausbruch zu besuchen. Meist Ende März überziehen Tausende von trübroten Blütentrauben des Hohlen Lerchensporns (Corydalis cava), hier und da von einigen weißen begleitet, den Waldboden auf breiter Fläche, zwischen denen sich bei sonnigem Wetter die weißen Sterne des Buschwindröschens (Anemone nemorosa) und die goldgelben des Scharbockskrautes (Ranunculfts ficaria) in großer Zahl öffnen. Noch eine zweite Pflanze kommt hier massenhaft vor, der Aronstab (Arom maculatum). Dessen auffällige weißliche Blütenscheide mit dem herausragenden braunen Kolben kann man freilich erst im Lauf des Mai erwarten. Im Vorfrühling aber stehen seine dunklen, fast ungegliederten Blattflächen, zumal sie meist größere Gruppen bilden, in sichtbarem Kontrast zu dem feingliedrigen Laub des Lerchensporns. Zu ähnlicher Wirkung gelangen auch die reichlich vorhandenen Blatt-Teppiche des Efeus (Hedera helix) und, an der etwas abgelegenen Stelle einer Steilschlucht unter dem Schloß, die großen Lanzettblätter des Bärenlauchs (Allium ursinum).“

Historische Darstellungen von links nach rechts;  Lerchensporn,  Bärlauch,  Scharbockskraut, Efeu

Welche weitere Pflanzen werden im Text erwähnt: Schwarzer Holunder (Sambucits nigra), Pfeifenstrauch (Philadelphus coronarius), wilde Stachelbeere (Ribes uva-crispa) und Pfaffenhütchen (Euonymus europaea) als Sträucher sowie Flattergras (Milium effusum), Waldsegge (Carex silvatica) Wald- oder Bergrispengras (Poa chaixii), Schmalblättrigen Hainsimse oder Silbermarbel (Luzula luzuloides) Waldreitgras (Calamagrostis arundinacea) Waldschwingel (Festuca altissjena)und Süße Wolfsmilch (Euphorbia dulcis), ungewöhnlich großen Mengen von Schuppenwurz (Lathraea squamaria), Märzveilchen (Viola odorata), Waldlabkrautes (Galium silvaticum), reichen Bestände der Echten Sternmiere ( Stellarid holostea), Immergrün ( Vinca minor), an den Parkmauern: Blasenfarns (Cystopteris fragilis), Gelben Lerchensporn (Corydalis lutea) Dornigen Wurmfarnes (Dryopteris spinulosa), Hasenlattich (Prenanthes purpurea).

Waldreitgras (oben) und Hainsimse (unten), Echte Sternmiere,  Wurmfarn und Rupprechtskraut,  Rehe im Revier

 

Reichhaltig wie die Flora ist der Tierbestand mit seinen überaus artenreichen Vorkommen an Singvögeln, Lurchen und Reptilien (Feuersalamander), aber auch an Greifvögeln. Von den jagdbaren Tieren sei besonders das Rehwild genannt, das sich hier sehr heimisch fühlt, weil es einen idealen Lebensraum

vorfindet.

 Eine letzte, sehr ausführliche Beschreibung findet man von Susanne Kosmale 1995 in den „Botanische Wanderungen Sachsen“:„Der Wegweiser »Abstieg zur Zschopau — Harrasfelsen« leitet uns über Treppen bergab in Richtung Braunsdorf. Inmitten des artenreichen Laubwaldes fällt an einer Kehre eine besonders starke Zwillingsesche (Fraxinus excelsior) auf. An dieser Seite des Hanges ist der Frühjahrsaspekt sehr schön ausgebildet. Folgende Arten, die auch an anderen Stellen der Wanderstrecke anzutreffen sind, wachsen hier dicht beieinander: Buschwindröschen (Anemone nemorosa), Hohler Lerchensporn (Corydalis cava), Scharbockskraut (Ranunculus ficaria), Wolliger Hahnenfuß (Ranunculus lanuginosus), Echte Sternmiere (Stellaria holostea), Frühlingsplatterbse (Lathyrus vernus), Moschuskraut (Adoxa moschata), Aronstab (Arum maculatum), Schuppenwurz (Lathraea squamaria), Echtes Lungenkraut (Pulmonaria obscura), Goldnessel (Galeobdolon luteum), Dreinervige Nabelmiere (Moehringia trinervia), Waldveilchen (Viola reichenbachiana), Süße Wolfsmilch (Euphorbia dulcis), Gundermann (Glechoma hederacea) und Kleines Immergrün (Vinca minor) bedecken in bunter Schar den Boden. Die großen Efeubestände (Hedera helix) fallen im Frühjahr besonders auf. …

von links nach rechts; Teufelskralle,  Frühlingsplatterbse, Waldziest,  Labkraut und Ruprechtskraut

Später, wenn das Blätterdach von Bergahorn (Acer pseudoplatanus), Spitzahorn (Acer platanoides), Rotbuche (Fagus sylvatica), Hainbuche (Carpinus betulus), Winterlinde (Tilia cordata), Sommerlinde (Tilia platyphyllos), Esche (Fraxinus excelsior) und Stieleiche (Quercus robur) geschlossen ist, kommt die Zeit der Entfaltung von vielblütiger Weißwurz (Polgonatum multiflorum) ähriger Teufelskralle (Phyteuma spicatum), Echt& Nelkenwurz (Geum urbanum), Türkenbundlilie (Lilium martagon), Ruprechtskraut (Geranium robertianum), Nesselblättriger Glockenblume (Campanula trachelium), Waldziest (Stachys sylvatica), Mauerlattich (Mycelis muralis), Waldflattergras (Milium effusum), Hainrispengras (Poa nemoralis) und Waldzwenke (Brachypodium sylvaticum). Nicht zu übersehen ist der Einfluß der Parkgehölze auf die Umgebung. Blutbuchen (Fagus sylvatica f. purpurea) stehen am Hang, aber auch in weiter entfernten naturnahen Bereichen. Eiben (Taxus baccata) sind aus Sämlingen aufgewachsen, und der Pfeifenstrauch (Philadelphus coronarius) verwilderte besonders in Flußnähe.“

 Offener Felsen mir braunstieligem Streifenfarn

Blüten des Pfeifenstrauches

Die ausgewählten sechs Beschreibungen zur Flora am Schlossberghang verraten uns, trotz ehemaligen Landschaftspark oder vielleicht auch gerade deshalb, findet man am Hang die für Region und Kleinklima standorttypische Laubwaldpflanzen.

Das vor allem auch floristisch wertvolle Gebiet am Schlossberghang war Teil des 1968 ausgewiesenen LSG Lichtenwalde.16 1982 ging man noch einen Schritt weiter und stellte den Schlossberghang als Teil des NSG Zschopautalhänge bei Lichtenwalde sicher. Die endgültige Festsetzung als NSG erfolgte 1987.17 Dieses NSG wurde dann 2020 erweitert und neu definiert. Im Vordergrund der Schutzziele des NSG stehen „die Erhaltung der großen Vielfalt von Biotoptypen, Pflanzengesellschaften sowie Tier- und Pflanzenarten, die Sicherung stabiler Populationen schutzwürdiger Pflanzen-, Pilz- und Tierarten, der Ablauf natürlicher Sukzessionsprozesse und die Erhaltung naturnaher Waldökosysteme mit einem hohen Totholzanteil.“ (Anm. : zu den angegebenen besonders schützenswerten Pflanzen zählen Aronstab, Türkenbundlilie und braunstieliger Streifenfarn.) Neben diesen bestehen auch geologische Schutzziele. „Grundlegend soll der charakteristische Landschaftscharakter im Schutzgebiet mit den typischen unverbauten Bachtal- und Schluchtbereichen, der kleinräumigen Verzahnung unterschiedlichster Biotope und Lebensräume, den Waldund Offenlandflächen sowie der besonderen Eigenart und hervorragenden Schönheit des Landschaftsbildes erhalten werden.“

Im § 5 Anzeigepflichtige Maßnahmen, Absatz 2 findet man unter Nr. 7 den Passus: „ordnungsgemäße Forstwirtschaft in der bisherigen Art und bisherigem Umfang“18, da sollte man schlussfolgern können, dass hier auch künftig, wie die Jahrzehnte zuvor, am Schlossberghang keine Bewirtschaftung stattfinden darf.

Lebensraumtypen im FFH-Gebiet bei Lichtenwalde



 

Es verwundert dann auch nicht, dass 2011 der Schlossberghang als ein besonders wertvollen Teilgebiet des FFHGebietes 250 „Zschopautal“ mit ins Europäische Naturerbe aufgenommen wurde. Der Schlossberghang teilt sich in einen Schlucht- und Schattenwald feucht kühler Standorte (LRT-ID 10080) und einen Hangschuttwald trocken-warmer Standorte ((LRT-ID 10080). Aus dem 2008 erstellten Managementplanes im Zuge der Festlegung von Maßnahmen zur Entwicklung des FFH-Gebietes kann man viele wertvolle Informationen gerade auch für dieses Teilstück entnehmen.

 

Beispielsweise hat es 2006 ein Brutvogelmonitoring gegeben. Es wurden 35 verschiedenen Vogelarten festgestellt, davon 25 Brutvogelarten. Die restlichen zehn Arten waren Nahrungsgäste bzw. Durchzügler. Unter den 25 Brutvogelarten befinden sich drei entsprechend der Roten Listen Deutschland gefährdete Arten. Die Siedlungsdichte an Brutvögeln wurde als hervorragend eingeschätzt, der Anteil an Höhlenbrütern mit 16 % als gut. Dass der Schlossberggang durch einen beeindruckenden Vogelreichtum verfügt, dass verspürt man bei einem Besuch der Region auch als interessierter Laie.

Und nun 2023 das: Februar und März kommt es im schönsten und wertvollsten Teilstück des Schlossberghanges am Aufstieg zum Schloss Lichtenwalde zu umfangreichen Fällarbeiten sowie im Mai zu Rückearbeiten, welche eine Breite Spur der Verwüstung hinterlassen haben. Juli finden plötzlich umfangreiche „Aufräumarbeiten“ statt und hinterlassen einen an vielen Stellen kahlen Waldboden, wo es vorher eine üppige Bodenflora gab.

 Spuren der Verwüstung durch das Herabziehen eines Baumes vom oberen Rand des Hanges beim Schloss über den Hangweg bis zum Mühlgraben

Sollte nicht in Naturschutzgebieten, wie dem Lichtenwalder Schlossparkhang, der Natur auch künftig die Chance zur selbständigen Revitalisierung geben, um so auch Wissen für einen gezielten menschlichen Eingriff in anderen Waldgebieten zu geben. Ein Studium des Wechselspiels zwischen Fauna und Flora ohne Einfluss des Menschen kann für alle nur gewinnbringend sein. Dazu eignet sich auch der Lichtenwalder Schlossberghang als NSG und FFH-Gebiet, vor allem auch in Zeiten eines voranschreitenden Klimawandels. Natürlich sollte es auch möglich sein, besonders gefahrenvolle Bäume zu entnehmen oder zu stutzen, ohne mit einem Harvester gleich einen Kahlschlag am Hang zu praktizieren. Man sollte aber gemäß eines Urteils von OGH 2012 berücksichtigen, dass „eine Haftung des Waldbesitzers wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht grundsätzlich nicht für waldtypische Gefahren besteht“ (BGB § 823 Dc, LWaldG SL § 25, BWaldG § 14). Eine Wegesicherungspflicht besteht im Wald nicht, auch nicht auf Wanderwegen. Geben wir der Natur mehr Raum, sich frei zu entwickeln.

 

 Ein Teppich von Frühblühern am Schlossberghang bei der Mühle, Der gleiche Ort am 22.5.2023 nach Fäll- und Rückearbeiten und am 11.7.2023 nach einer „Aufräumaktion“ im Naturschutzgebiet

Besinnen wir uns auf einen ehemaligen Schlossbewohner Hans Carl von Carlowitz (1645-1714). Er musste auf seinen Reisen durch Europa und auch als Oberberghauptmann im Erzgebirge feststellen, dass der progressiv ansteigende Holzverbrauch zur Vernichtung der Wälder führt und drängte auf einen verantwortungsvollen Umgang mit den Ressourcen. Es darf nur so viel genutzt werden, wie für kommende Generationen nachgesät/ nachgepflanzt werden kann. Er hat also schon vor 300 Jahren im Buch „Anleitung zur wilden Baumzucht“ 1713 den Begriff der Nachhaltigkeit für die Waldwirtschaft geprägt.

 Zwei Seiten aus dem Buch „Anweisungen zur wilden Baumzucht“ von 1713.

1992 wurde in Rio de Janeiro nach einer Balance zwischen ökonomischen Wachstum sozialer Sicherheit und dem Schutz der Umwelt gesucht. Ganz im Sinne von Carlowitz wird in einer Walderklärung Regeln für eine weltweit nachhaltige Waldwirtschaft aufgestellt, doch die Teilnahme ist freiwillig. Was ist 2023 davon verwirklicht: es werden weiterhin viel mehr Bäume gefällt, als gepflanzt. Das Klima erwärmt sich unaufhaltsam. Kommende Generation bangt um eine lebenswerte Zukunft und geht auf die Straße. Besinnen wir uns auf Carlowitz und denken mehr an künftige Generationen. Ganz in dem Sinne möchte auch die BI Lichtenwalde agieren.

Die Grafik aus dem Buch von Carlowitz kommt uns sehr bekannt vor.22

Text: Dr. Katharina Müller, 10.07.2023

Quellen:

1. Elfried von Taucha, Wanderungen durchs Erzgebirge, Verlag Nonne, Annaberg 1860

2. Ludewig Wilhelm Glibert, Handbuch für Reisende Durch Deutschland, Zweiter Teil, Verlag Schwickert, Leipzig 1792
3. Johann Heinrich Albonico, Nützliche Bemerkungen für Garten- und Blumenfreunden, Verlag Fleischer Leipzig 1796
4. Küttner, Reise durch Deutschland, Dänemark, Schweden, Norwegen und ein Theil von Italien, in den Jahren 1797, 1798, 1799, 1.Theil, Verlag Göschen 1804
5. Friedrich Balduin, Das Zschopauthal in Bezug auf Natur und Kunst, Gegenwart und Vorzeit, Verlag Wochenblatt-Expedition, Rochlitz 1829
6. Verfassergemeinschaft, Neue Reisebemerkungen in und über Deutschland, Erster Band, Verlag Hendel, Halle 1786
7. Adolph Traugott von Gersdorf, Reisejournal Bd. 1, 1765, Lusatica Bestände der Oberlausitzischen Bibliothek der Wissenschaften Görlitz, digital
8. Adolph Traugott von Gersdorf, Reisejournal Bd. 9, 1784, Lusatica Bestände der Oberlausitzischen Bibliothek der Wissenschaften Görlitz, digital
9. https://sachsen.digital/sammlungen/historische-zeitungen
10. Topographische Karte, Section Augustusburg, aufgenommen 1912, Gießecke & Devrient Leipzig 1915
11. Dr. O.E.R. Zimmermann, Ein botanische Frühlingsspaziergang von Chemnitz nach Lichtenwalde, Erstes Jahrbuch der Erzgebirgs-Zweigvereins Chemnitz 1889
12. Max Kästner, Frankenberger Wanderbuch, Rossberg-Verlag 1906
13. Wolfram Agsten, in „Lichtenwalde in Vergangenheit und Gegenwart“ 1955
14. Werte unserer Heimat, Das mittlere Zschopaugebiet, Band 28, Akademie-Verlag Berlin 1977
15. Susanne Kosmale, Botanische Wanderungen in Sachsen, Urania-Verlag 1995 (TOUR 8)
16. LSG Nr. 32 Lichtenwalde, Sächsische Heimatblätter, Heft 3/4 1996
17. Beschluß des Bezirkstages Karl-Marx-Stadt Nr.17/87 vom 30.03.1987
18. Verordnung des Landratamtes Mittelsachsen zur Festsetzung des Naturschutzgebietes „Zschopautalhänge bei Lichtenwalde“ vom 28. Mai 2020
19. Mangementplan für das SCI 250 / DE 4943-301 „Zschopautal“, Auftraggeber: Regierungspräsidium Chemnitz Abteilung Umwelt, Umweltfachbereich, Halle (Saale), im Juli 2008
20. Geoportal-Sachsenatlas, https://geoviewer.sachsen.de/mapviewer/index.html
21. Urteil Bundesgerichtshof, BGB § 823 Dc, LWaldG SL § 25, BWaldG § 14, BGH, Urteil vom 2. Oktober 2012 - VI ZR 311/11 - OLG Saarbrücken
22. LG Saarbrücken
23. Hans Carl von Carlowitz, Anweisung zur wilden Baumzucht, 1713

 

Bilder:
Historische Pflanzendarstellungen: BioLib Online Library of Biological Books, www.biolib.de
Fotos: Dr. Katharina Müller